Unter diesen Umständen überrascht es nicht, dass Zeitge- nossen die schweizerische Neutralität, wie sie nun prokla- miert wurde, als «die denkbar grösste Partialität» bezeich- neten.77 In den folgenden Jahren setzten folgerichtig die Debatten ein, was die Neutralität für Rechte und Pflichten mit sich bringe: Galt für die Zahl der schweizerischen Söld- ner der Status quo bei Kriegsbeginn, oder durfte eine Kriegs- partei neue Truppen in der Eidgenossenschaft ausheben, um gleich viele zu haben wie der Gegenspieler? Die jeweils Kriegführenden brachten ihre Definitionen ebenfalls ein, um eine für sie günstige Auslegung der Neutralität zu erlan- gen. Die Eidgenossen begannen ihrerseits um 1700 die Neu- tralität als «Maxime» und «Staatsregel» zu bezeichnen, als eine «veste Grundseule» der Eidgenossenschaft seit ihrer Gründung - oder doch seit Marignano. Der erste Schweizer, der sich wenn auch erst indirekt darauf bezog, war 1691 der Tagsatzungsschreiber Franz Michael Büeler aus Schwyz: «Hat nit eine lobliche Eydtgnossschafft durch die Neutra- litet von 176 Jahren hero, da die aussere Potenten in Krieg gewesen, sich in Fried und Ruhstand mit Gottes Gnaden
.
nossen die schweizerische Neutralität, wie sie nun prokla-
miert wurde, als «die denkbar grösste Partialität» bezeich-
neten.77 In den folgenden Jahren setzten folgerichtig die
Debatten ein, was die Neutralität für Rechte und Pflichten
mit sich bringe: Galt für die Zahl der schweizerischen Söld-
ner der Status quo bei Kriegsbeginn, oder durfte eine Kriegs-
partei neue Truppen in der Eidgenossenschaft ausheben,
um gleich viele zu haben wie der Gegenspieler? Die jeweils
Kriegführenden brachten ihre Definitionen ebenfalls ein,
um eine für sie günstige Auslegung der Neutralität zu erlan-
gen. Die Eidgenossen begannen ihrerseits um 1700 die Neu-
tralität als «Maxime» und «Staatsregel» zu bezeichnen, als
eine «veste Grundseule» der Eidgenossenschaft seit ihrer
Gründung - oder doch seit Marignano. Der erste Schweizer,
der sich wenn auch erst indirekt darauf bezog, war 1691 der
Tagsatzungsschreiber Franz Michael Büeler aus Schwyz:
«Hat nit eine lobliche Eydtgnossschafft durch die Neutra-
litet von 176 Jahren hero, da die aussere Potenten in Krieg
gewesen, sich in Fried und Ruhstand mit Gottes Gnaden