Fragen nach Währungen und Werten sind gerade in Demokratien immer Machtfragen. Deshalb ist Geld keineswegs nur Stoff für Ökonomen, sagt der Ideenhistoriker Stefan Eich, sondern es ist ein Medium der Gerechtigkeit.
Stefan Eich: Die ökonomische Sichtweise auf Geld ist eine naheliegende, durchaus wichtige – aber sie ist nicht die einzige. Geld ist immer auch eine politische Institution, und mich interessiert gerade die Wechselwirkung zwischen diesen beiden Dimensionen. Wenn etwa die Europäische Zentralbank gegenwärtig darüber nachdenkt, ob und wie schnell sie in diesem Jahr den Leitzins erhöhen will, entscheidet das nicht nur über Kurse auf Aktien- und Anleihenmärkten, sondern eben auch über die Verteilung von Einkommen und Vermögen – die Zentralbanker haben letztlich die Macht, Macht zu verteilen.
Eich: Mit der Machtfrage stellen sich grundsätzliche Fragen zur Verfassung der Geldordnung: Wer hat das Recht, Geld zu schaffen? Kann eine politische Gemeinschaft diese Macht der Geldschöpfung gestalten, um sich selbst besser zu regieren? Welche Zukunftsvorstellungen, welche Ideen leiten sie dabei an? Diese Fragen nicht zu stellen heißt, den politischen Charakter einer zentralen Institution an der Schnittstelle zwischen Demokratie und Kapitalismus unsichtbar zu machen.
Gleichzeitig aber ist für Aristoteles die damals noch recht junge Institution der Polis-Währung, in Analogie zu Sprache und Recht, ein Medium, mit dem die Bürger in ein Verhältnis der Gleichheit treten können. Die Stadt erschafft so einen Maßstab, durch den gesellschaftlicher Wert bemessen werden kann. Ein Medium der Gerechtigkeit also. Wer die Währung als bloßes Tausch- und Akkumulationsmittel behandelt, gefährdet die Eintracht der Polis.
Denn nur eine Währung, die den meisten als unpolitisch erscheint, ist dagegen gefeit, für andere Zwecke, etwa auch den der ökonomischen Gleichheit, eingesetzt zu werden. Die politische Depolitisierung, die man beispielhaft an Locke beobachten kann, ist kein zufälliger Selbstwiderspruch. Diese protoliberale Spielart der Geldtheorie ist nur auf diesem Weg erfolgreich.
Wir brauchen bessere demokratische Debatten zu den grundlegenden Fragen der Geldpolitik. Wie weit wollen wir etwa das Mandat der EZB auslegen, um aktiv die Probleme unserer Gesellschaften zu lösen? Welche Geldverfassung wäre in der Lage, Vermögensungleichheiten nicht derart explodieren zu lassen? Wie können wir verhindern, dass wir indirekt CO₂-Emissionen finanzieren, die unseren Selbsterhalt gefährden?
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Aristoteles,
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Locke
Fichte,
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